Im PoS Marketing hat sich ein neues Steckenpferd etabliert, von dem sich die Werber viel versprechen: Die Beacons. Kleine Sender, die dem Kunden an einer bestimmten Stelle vor oder im Store Informationen auf das Smartphone schicken, um ihn zu bestimmten Handlungen zu verleiten. Nach mehreren kleinen Tests und regionalen Pilotversuchen ist die Zeit gekommen, ein Fazit zu ziehen.

Um es vorweg zu nehmen: Die Zeit der Ernüchterung scheint gekommen zu sein! Betrachtet man den von Gartner entwickelten “Product Hype-Cycle” (ggf. hier ein Bild einfügen), kommt nach dem “Hoch” der geschürten Versprechen und den damit verbundenen Erwartungen das Tal der Desillusionierung, und in diesem scheint sich die Beacon Technologie gerade zu befinden.

Die Reichweiten-Ernüchterung und die Herausforderungen

Test des mittlerweile eingestellten Unternehmens Gettings und der Net Mobile AG im Jahre 2014 wurden seinerzeit mit einem “positiven Ergebnis” beendet. In 6 Monaten wurden in 72 Stores 140 Beacons installiert, auf denen dann 170 Kampagnen liefen.

Die offiziell verlautbarte Reichweite von 0,29% ergibt sich aus folgender Berechnung: Von den 1,4 Millionen installierten Apps befinden sich 100.000 in Düsseldorf samt Umland. 13.000 Benutzer haben das passende Gerät, von denen haben 4.000 ihr Einverständnis gegeben. Hinzu kommen aber noch Hürden, die dabei nicht aufgelistet wurden:

  • Die Anzahl der installiert Apps ist nicht die Menge der regelmäßig genutzten.
  • Bluetooth muss eingeschaltet sein.
  • Das Smartphone muss im Wahrnehmungsbereich sein.
  • Das Wichtigste: Die empfangene Nachricht muss für den Kunden Relevanz besitzen!

Zum Schluss bleibt damit nur ein Reichweitenanteil im Promillebereich übrig, man darf sich also ruhig die Frage stellen, ob sich der Aufwand lohnt.

Bei den Händlern sind zudem noch Unklarheiten im Prozessbereich dazugekommen: Wer wechselt die Batterien? Wer kümmert sich um den Content? Wer tauscht sie ggf. aus? Fragen, die oft nicht beantwortet werden, den Handel aber um so mehr interessieren.

Wo bleibt der Konsument?

In den letzten Monaten gibt es verstärkt Meldungen, die über Investitionen in Millionenhöhe für Start up´s im Bereichen Beacon-Technologie berichten. Das ist verständlich, wenn man sich die Liste der Interessenten ansieht, die sich von dieser Technologie viel versprechen:

  • Die Konsumgüterindustrie, die in der Sekunde der Kaufentscheidung präsent sein möchte.
  • Die unter Druck gekommenen Mobile Service Provider, die sich neue Geschäftsmodelle davon versprechen.
  • Die Loyalty-Anbieter, die über diesen Kanal neue Kundenbindungsprogramme anbieten möchten.
  • Die Händler, die sich davon mehr Attraktivität und Erlebnis am PoS versprechen.
  • Die Werbewirtschaft, die sich einen zusätzlichen Kanal verspricht.

Das sind Interessenten, die mit großem Investitionsvermögen einen neuen Markt erschaffen wollen. Aber hatten wir das nicht schon einmal? Parallelen zu den vielen Initiativen im Bereich Mobile Payment sind nicht zu übersehen: Viele Stakeholder, eine große Erwartungshaltung und nicht zuletzt massive Investitionen. Trotzdem nimmt das Thema Mobile Payment keine Fahrt auf! Was beim Bezahlen fehlt ist aus Sicht des Kunden das Problem: In Deutschland gibt es im Bezahlbereich aus Kundensicht selten Optimierungsbedarf.

Vergleichbares ist beim Thema Beacons zu beobachten: Es gibt nur sehr wenige Kunden, die sich gern bei ihrem Einkauf von Unternehmen überwachen und mit Push-Nachrichten attackieren lassen: Das ist der Versuch, im mobilen Kanal Funktionen zu etablieren, die im herkömmlichen Leben schon keiner haben möchte. Spam-Werbung will man weder im Briefkasten noch in der Email-Box haben. Weder beim Shoppen noch beim Surfen im Internet möchte man einen Verfolger haben, der genau beobachtet, was man tut oder lässt. Warum soll das also im mobilen Bereich anders sein?

Was im analogen Leben nicht funktioniert klappt ebenso wenig im digitalen!

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: In einer Shopping Mall sind Beacons flächendeckend ausgerollt. Das bedeutet: Alle 20 Meter eine Nachricht, die unsere Shopper Journey zum Erlebnis werden lässt. Nur Kunden mit extremen Nehmerqualitäten werden diesen Einkauf ohne Blessuren überstehen.

Eine repräsentative Umfrage des Opinion Lab zeigt auf, dass der Verbraucher wenig Vertrauen in die Unternehmen hat:

  • 67% halten Instore-Tracking für Spionage
  • 81% glauben an nicht datenschutzgerechter Verarbeitung der Daten
  • 88% wollen lieber anonym bleiben, auch wenn ihnen verbesserte Services angeboten werden

Es drängt sich daher die Frage auf, ob nicht gerade viel Geld in purer Technologie anstatt in Lösungen mit Kundenmehrwerten investiert wird.

Doch nur im Kundenmehrwert liegt ein Schlüssel zum Erfolg. Ein Beispiel: Viele Reisende wären froh, wenn sie z.B. beim Betreten eines Bahnhofes ein Update über Ihre Zugverbindung per Push-Nachricht bekommen würden. Dann lassen sie sich ggf. auch im Falle einer Verspätung auf Tipps ein, wie sie die Zeit sinnvoll verbringen können. Über den Nutzwert in Form einer akzeptierten Pilotinformation lassen sich dann relevante und vor allem kontextabhängige Werbebotschaften besser platzieren. Dieser Weg braucht allerdings mehr konzeptionellen Aufwand als die bisherigen Ansätze.

Kommen wir zurück zum bereits erwähnten “Produkt Hype-Cycle”: Nach dem Tal der Ernüchterung geht es wieder bergauf, weil Gelerntes in neue Konzepte umwandelt wird. In diesem Fall dann sicherlich mit dem Blick aus den Augen der Konsumenten!

Dieser Beitrag wurde von uns vorab bei der Lebensmittelzeitung veröffentlicht.

Bildquelle: www.gratisography.com